Wie Parentifizierung entsteht und warum sie bis heute in dir wirkt
Du warst früh stark, weil es nötig war
Vielleicht warst du das Kind, das nie wirklich Kind sein durfte. Das früh gemerkt hat: In meiner Familie funktioniert etwas nicht, ich muss helfen und stark sein. Du hast gespürt, dass deine Eltern überfordert waren. Also hast du Aufgaben übernommen, hast dich gekümmert und bei allem mitgedacht. Nicht, weil du das wolltest, sondern weil du musstest, weil niemand sonst es getan hat.
Viele Frauen, die zu mir in die Beratung kommen, haben genau das erlebt. Nicht als dramatisches Ereignis, sondern als ständigen inneren Druck: Ich darf niemandem zur Last fallen. Ich muss stark sein. Ich bin verantwortlich.
Was Parentifizierung bedeutet
Parentifizierung beschreibt eine unbewusste Rollenumkehr: Ein Kind übernimmt Aufgaben, die eigentlich den Eltern zustehen. Dies kann auf emotionaler, organisatorischer oder fürsorglicher Ebene passieren. Das Kind übernimmt damit die Rolle eines Erwachsenen und ist damit im Inneren überfordert, hat aber gelernt zu funktionieren.
Das kann so aussehen:
- Du hast deine jüngeren Geschwister versorgt und warst für sie verantwortlich.
- Du hast zum Beispiel deine Mutter getröstet, in Streitigkeiten zwischen den Eltern vermittelt oder wichtige Entscheidungen mitgetragen.
- Du hast gespürt, dass du mit deinen Bedürfnissen andere nicht belasten darfst, weil die Erwachsenen schon genug tragen.
Solche Kinder gelten oft als „pflegeleicht“, „reif für ihr Alter“, „verantwortungsbewusst“. Aber was nach außen stark wirkt, ist innen oft überfordernd. Denn ein Kind, das zu viel Verantwortung trägt, bleibt innerlich allein. Und genau diese Erfahrung wirkt bis ins Erwachsenenleben hinein.
Wenn Kinder übernehmen, was die Eltern nicht tragen konnten
Eltern, die selbst belastet, krank, abwesend oder mit ihrer eigenen Geschichte überfordert sind,
können oft keine sichere Orientierung geben. Sie übergeben meist unbewusst viel Verantwortung an das Kind, um sich so zu entlasten. Was dann passiert: Das Kind übernimmt viel, passt sich an und hält die Familie irgendwie zusammen.
Diese Dynamik tritt besonders häufig auf, wenn äußere Belastungen hinzukommen, zum Beispiel bei Migration. Viele Kinder mit Migrationshintergrund übernehmen früh Aufgaben, für die sie nicht bereit sind:
- Sie dolmetschen bei Behörden oder Arztgesprächen.
- Sie erklären Abläufe und übersetzen Formulare.
- Sie vermitteln zwischen Kulturen, Regeln und Bedürfnissen.
Nicht, weil sie das wollen, sondern weil sie müssen. Und oft, ohne dass jemand darüber spricht. Die Folge: Eine dauerhafte innere Anspannung. Das Gefühl, immer zuständig und verantwortlich zu sein. Und nie wirklich frei, wie Kinder es sein sollten
Was davon heute noch wirkt
Vielleicht bist du heute zuverlässig, organisiert, stark und trotzdem oft erschöpft. Du kümmerst dich um andere, aber für dich selbst bleibt wenig übrig. Du fühlst dich schnell verantwortlich. Du kannst schwer Nein sagen, fühlst dich schuldig, wenn du dich abgrenzt oder für dich selbst sorgst.
All das kann Ausdruck einer alten inneren Ordnung sein: Du bist zu früh in eine Rolle gerutscht, die nicht zu dir gehörte. Und dein System funktioniert noch immer so, wie es damals überlebenswichtig war.
Was du dir heute erlauben darfst
Du kannst nichts rückgängig machen. Aber du musst verstehen, was war, damit du alte Muster ablegen kannst und ein neues Leben führen kannst.
Du musst anerkennen, dass du zu viel getragen hast. Dass das nicht „normal“ war, auch wenn es sich damals so angefühlt hat. Und dass du heute nicht mehr alles alleine machen musst und dir Unterstützung holen darfst.
Fragen, die dir helfen können:
- Wo habe ich als Kind Verantwortung übernommen, die nicht meine war?
- Wo spüre ich heute noch diese alten Muster: in Beziehungen, im Beruf, in mir selbst?
- Was würde sich verändern, wenn ich nicht mehr stark sein müsste, sondern einfach ich?
Wie ich dich in meiner Beratung unterstütze
In meiner Beratung begleite ich Frauen, die früh gelernt haben, sich selbst zurückzunehmen, um Verantwortung zu übernehmen, die nicht ihre war. Die im Stillen stark waren und das aus Notwendigkeit. Frauen, die heute nicht mehr wissen, wie sich echte Entlastung anfühlt.
Wir schauen gemeinsam:
- Welche alten Rollen trägst du noch? Wofür waren sie einmal wichtig?
- Was brauchst du heute, um dich nicht länger für alles verantwortlich zu fühlen?
- Wie kannst du dich aus alten Loyalitäten lösen? Ohne Schuldgefühle, sondern mit Klarheit?
Mit einem systemischen und traumasensiblen Blick unterstütze ich dich dabei, deine Geschichte zu verstehen und dich wieder mit dir selbst zu verbinden. Nicht, um mehr zu leisten. Sondern, um dich selbst zu spüren.
Wenn du mehr über mich und meine Arbeitsweise erfahren möchtest, findest du hier weitere Informationen: